Montag, 25. Juli 2005

Tutorial: Richtig BASS

Nachdem ich im letzten Tutorial einige freie Plugins für Drums vorgestellt habe, wollen wir uns nun die Bässe vornehmen. Dazu habe ich einen eigenen, kleinen Bassynthesizer zusammengestellt, den TAMTAM VAMPYRE. Einfach downladen, entpacken (den Entpacker Winrar kannst Du Dir gegebenenfalls unter www.rarlabs.com holen) und ins VST-Verzeichnis schieben (üblicherweise C:/Programme/Steinberg/VSTPlugins).

Der VAMPYRE bildet einen typischen "analogen" Synthesizer nach. Er hat alles, was einen Synth im Wesentlichen ausmacht: eine OSZILLATOR-Sektion (Waveform A und B), eine HÜLLKURVEN-Sektion (ADSR) und eine FILTER-Sektion (RES, CUT). Zur zweiten ADSR-Sektion kommen wir später.
Die Oszillator-Sektion erzeugt den Ton in verschiedenen Wellenformen; die Hüllkurven-Sektion formt den Lautstärkeverlauf derselben, während die Filtersektion Teile des Klangspektrums herausfiltert (daher spricht man auch von "Subtraktiver Synthese").

Im Ausgangszustand erzeugt die OSZILLATOR-Sektion eine sog. SÄGEZAHN-Welle (SAW). Der Fader WAVEMIX kann die WAVEFORM A mit der WAVEFORM B mixen; es sind also auch Überblendungen möglich; in der Stelluntg ganz rechts erklingt ein etwas "breiterer" Ton, eine RECHTECKWELLE (PULSE).

Mit den ADSR-Reglern regeln wir, wie gesagt, den Lautstärkeverlauf unseres Sägezahns. A (ATTACK, Anstieg) ist dabei die Anschwellzeit: je weiter oben, desto sanfter fängt der Ton an. D (DECAY, Abfallen) die Zeit, in der die Lautstärke wieder zurückgeht. S (SUSTAIN, Aushalten) ist die Lautstärke, die nach A und D erklingt, solange die Note andauert bzw. die Taste am Synth gedrückt ist; R (RELEASE, Nachlassen) regelt, wie lange der Ton nach dem Ende des Tons bzw. Loslassen der Taste nachklingt.

Folgt: der FILTER, genaugenommen ein TIEFPASS (LOWPASS), der, wie der Name schon sagt, die tiefen Töne passieren lässt und die hohen Töne oberhalb der CUT (CUTOFF-Frequenz) abschneidet. Dadurch verändert sich der Klangcharakter, nicht aber die Tonhöhe. RES (RESONANCE) bestimmt, wie stark der Filter "zupackt" bzw. ob die Cutoff-Frequenz noch betont werden soll. Probier's einfach aus! RES 'rauf, mit Cut rumspielen - so sind im Prinzip die typischen ACID-Lines gemacht: ein Motiv, das sich wiederholt plus Filterspiele mittels Cut.

A propos ACID: Diese Musik ist ein gutes Beispiel dafür, wie einzelne Maschinen Musikstile prägen. In diesem Fall war es die TB-303 von Roland. TB steht für Transistorbass - und hier entstehen oft Missverständnisse: die 303 wurde eigentlich als Bass-Ersatz für Alleinunterhalter etc. gebaut, war ziemlich erfolglos - bis sie gegen Ende der 80er durch "Missbrauch" - Höherstimmen und exzessiver Filtergebrauch - ACID mitprägte. Diese "Bassline" wird also meistens als "Leadsynth", also einige Oktaven höher gebraucht. Mit Bass haben die 303-Basslines nicht oft was zu tun.

Der typische 303-Sound ist auch einer der drei Grundsounds, die ich hier besprechen möchte: der schon genannte SÄGEZAHN. Der Name ergibt sich aus dem Bild, das sich ergibt, wenn man den Ton mithilfe eines Oszilloskops visualisiert: eben eine Säge.

Das typische "Pfeifen" der ACID-Sounds kommt durch ein hohes Filter-CUT; da der VAMPYRE eher für tiefere Lagen, also für richtige Bässe konzipiert wurde, lässt sich CUT nicht so weit 'raufregeln wie bei einer 303 (eine recht gute freie 303-Emulation findest Du unter www.tobybear.de). Das 303-hafte lässt sich im VAMPYRE mit SAW, hohen RES-Werten und Spielen mit CUT jedoch bereits recht gut erahnen.

An dieser Stelle möchte ich etwas grundlegende Theorie einschieben - keine Angst, gaaaanz wenig. Die Theorie der FOURIER-TRANSFORMATION besagt im Wesentlichen, dass jeder Ton, also auch ein SÄGEZAHN, aus einer Summe verschiedener SINUS-Töne besteht. D. h., es erklingen über dem Ton, der den Notenwert angibt, eine Vielzahl an höheren Töne mit, die den Klang wesentlich beeinflussen (ein SINUS allein klingt sehr sanft, etwa wie eine Flöte). Genau diese OBERTÖNE brauchen wir, damit der Filter was zum "wegschneiden" hat: ein bloßer Sinus wird durch einen Filter kaum beeinflusst. Probier's aus: Sinus auswählen, am Filter 'rumschrauben - passiert nicht viel.
Übrigens: ein Verzerrer tut im Wesentlichen nichts anderes, als Obertöne hinzuzufügen: da kann auch ein (ehemaliger) Sinus mit einem Filter richtig "angepackt" werden.

Das war's auch schon mit der Theorie; hat gar nicht wehgetan, oder?

Der Sinus - alternativ kann's auch ein DREIECK (TRIANGLE) sein, der ähnlich klingt - eignet sich übrigens ziemlich gut als Bass für House, DUB oder Hip Hop.

Ich möchte hier neben SÄGEZAHN und SINUS eine dritte "archetypische" Bassvariante vorstellen: Grundlage ist hier das RECHTECK (PULSE). Wie bereits Eingangs gezeigt, klingt ein Rechteck noch etwas voller als ein Sägezahn. Ein Filter hat auch hier viel Material, um richtig zuzupacken. Der Bass, der hieraus entstehen soll, ist in (etwas neueren) D'N'B-Tracks sowie bei GRIME und BOOTY-BASS bzw. GHETTOTECH zu hören: fett, aber doch irgendwie hohl klingend, wird er mitunter "HOOVER-
BASS
" ("Staubsauger-Bass") genannt. Genau für diesen Bass sind auch die restlichen, bisher nicht erklärten Armaturen vonnöten: die zweite ADSR-Kurve und FILTER-MIX.
Doch von Vorne: dieser Bass lebt von SCHWEBUNGEN, wie man sie aus zwei leicht gegeneinander verstimmten, gleichartigen Wellenformen erhält. Deshalb der DETUNE-Slider, der WAVEFORM B verstimmt. Also: zweimal PULSE einstellen, WAVE-MIX zirka in die Mitte, DETUNE leicht (!) nach oben oder unten, biss der Bass zu "schwimmen" anfängt. A kommt bei der ersten ADSR-Kurve eventuell etwas nach oben, damit der Bass weicher kommt. CUT ziemlich weit nach unten.

Und jetzt wird endlich das Geheimnis um die zweite ADSR-Kurve gelüftet: während ACID-Loops eher von langsamen Filterfahrten über mehrere Takte leben, sind bei D'N'B-Bässen, die eher "richtige", also tiefe Bässe sind, Filterverläufe innerhalb eines Tones gefragt. Dazu dient nun eben die 2. ADSR-Kurve: sie ändert nicht den Lautstärkeverlauf, sondern das CUT des Filters. A sollte für unser Beispiel ziemlich weit nach oben. Paradoxerweise (im ersten Moment) bedeutet ein höheres A eine tiefere Filtereinstellung: das Filter braucht bei erhöhtem ATTACK länger, aus seiner "tiefen" Phase herauszukommen.
Mit der Filter-ADSR-Sektion können also die typischen Brummel- und Hoover-Sounds der genannten Stilrichtungen erzeugt werden. Ah: dazu muss FILTER MIX natürlich in Richtung der Filter-ADSR-Kurve gezogen werden, da sonst das "manuelle" Filter-CUT zum Tragen kommt. RES gilt allerdings für beide Varianten - manuelles CUT und ADSR - zugleich. Ist FILTER MIX in einer Mittenstellung, wirken sowohl das manuelle CUT als auch das ADSR-gesteuerte CUT. Also: FILTER-MIX in die Mitte, CUT eher 'runter, A bei der Filter-ADSR eher 'rauf, dann nach Belieben abschmecken. Geil, nicht?
Ah, noch was: die Filter-ADSR kommt erst bei längeren Tönen zum Tragen. Der HOOVER-BASS kommt in der Oktave zwischen C1 und C2 am besten zur Geltung.

Das war's für heute... nach der "Sommerpause" kommen Lead-Sounds dran.

Schöne Tage wünscht Euch Stefan

PS: Wer auf der Suche nach "richtigen", akustischen Bässen ist (Bassgitarre, Kontrabass etc.), sollte einen SOUNDFONT-Player bemühen und entsprechende freie SOUNDFONTS (SF2) benutzen; davon gibt's im Netz viele, einfach Google bemühen. Zum SF-Player siehe Drum-Tutorial.

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